Hilfe für Malawi e.V. - Malawi
Land und Leute
Malawi ist ein in Deutschland wenig bekanntes und für afrikanische Verhältnisse relativ kleines Binnenland im südlichen Afrika, das am 06.07.1964 seine Unabhängigkeit erlangte (Größenvergleich: Deutschland ist dreimal so groß wie Malawi). Das von Norden nach Süden langgestreckte Land grenzt an Tansania, Mosambik, Sambia und den über 800 km langen Malawi-See (1/5 der Gesamtfläche Malawis nimmt der Malawi-See ein). Das meist etwa 1000 m hohe Hochland ist reich gegliedert, Bergketten und -massive steigen bis auf 3000 m an, das Hochland fällt zum Malawi-See, der auf 300 m Seehöhe liegt, ab.
Das Klima ist wegen der Höhenlage wenig tropisch, ganzjährig eher gemäßigt und auch für Europäer gut verträglich. In statistisch normalen Jahren fallen ausreichende Niederschläge für die Selbstversorgung des Landes mit Grundnahrungsmitteln (Mais, Reis). Das riesige Wasserreservoir des Malawi-See wird bisher kaum für die landwirtschaftliche Produktion genutzt. Wie viele andere Länder des südlichen Afrikas ist Malawi in den letzten Jahren zunehmend von Dürreperioden und Überschwemmungen heimgesucht worden. Die derzeit knapp 13 Millionen Einwohner verschiedener Bantu-Ethnien leben noch ganz überwiegend in ländlichem Umfeld. Neben dem Wirtschaftszentrum Blantyre-Limbe im Süden, ist die Hauptstadt Lilongwe im Zentrum des Landes mit ca. 350000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Malawis. Die Bevölkerungsdichte nimmt von Norden nach Süden kontinuierlich zu, sie erreicht im Süden mitteleuropäische Werte.
Das Bevölkerungswachstum ist inzwischen, bedingt durch HIV/AIDS, auf ca. 2% gesunken, die Mütter- und Kindersterblichkeit ist hoch. Kennzeichnend für die geringe Entwicklung des Landes ist auch die Alphabetisierungsquote die nur bei 58% liegt. Etwa 80% der Bevölkerung kann im weitesten Sinne christlichen Religionen zugerechnet werden, der Rest sind Muslime beziehungsweise Anhänger traditioneller Religionen. Die große Mehrheit der malawischen Bevölkerung ist arm (für unsere europäischen Armutsbegriffe unvorstellbar bettelarm). Nach internationalen Statistiken gehört Malawi mit einem jährlichen Prokopfeinkommen von etwa 164 US $ zu den allerärmsten Ländern der Welt. Eine durchgreifende Verbesserung ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
Trotz dieser wenig optimistischen Perspektiven und dem täglichen Kampf ums Überleben ist die große Mehrheit der Bevölkerung freundlich und liebenswert. Der touristische Slogan 'Malawi, the warm heart of Africa' trifft ganz überwiegend zu. Malawi präsentiert sich ausländischen Besuchern noch als ursprüngliches 'echtes' Afrika, so wie es auf dem großen afrikanischen Kontinent sonst kaum noch zu finden ist.
Geschichte
Die Frühgeschichte des Territoriums des heutigen Malawi ist wenig dokumentiert. Es ist jedoch sicher, dass sich im 16. Jahrhundert im Süden größere Herrschaftsbereiche entwickelten. Im frühen 19. Jahrhundert zerfiel das dominierende Königreich der Maravi, die Region wurde zum Schauplatz von Stammeskriegen und verstärktem Sklavenhandel. Gleichzeitig wanderten neue Ethnien zu, wie die Yao aus Mosambik und die Ngoni aus Südafrika. Früheren Erkundungen portugiesischer Entdecker folgte 1859/61 der schottische Missionar David Livingstone, der das Land letztlich britischem Einfluss erschloss.
Livingstone erreichte auch das Gebiet von Nkhotakota - damals ein wichtiger Skalvenumschlagsplatz am Malawi-See - und schloss hier Verträge mit lokalen Häuptlingen, die die Beendigung des Sklavenhandels zum Ziel hatten. In der Folge entwickelte sich Großbritannien zur Schutz- und Ordnungsmacht, 1889 wurde das südliche Malawi, 1891 das ganze Land britisches Protektorat. Damit begann die 'moderne' Entwicklung des heutigen Malawi, die wie in allen Kolonialgebieten von den Interessen der jeweiligen Kolonialherren gekennzeichnet war. Rechte, Vorstellungen, Interessen und kulturelle Eigenheiten der einheimischen Bevölkerung spielten nur eine geringe Rolle. Selbstverantwortete Eigenentwicklung der Bevölkerung wurde ver- und behindert insbesondere durch Ausschluss vom Bildungssystem.
Auch die weitere politische Entwicklung ging zunächst über afrikanische Interessen hinweg. 1907 wurde das Protektorat in die Kolonie Njassaland umgewandelt. Erstes gegen das Kolonialregime gerichtetes Aufbegehren unter dem charismatischen Chilembe wurde 1915 blutig niedergeschlagen. 1953 wurde Njassaland der kurzlebigen Zentralafrikanischen Föderation des nördlichen (heute Sambia) und südlichen (heute Simbabwe) Rhodesien angegliedert. Dieser Zwangszusammenschluss trug zur Stärkung der sich entwickelnden antikolonialen Bewegung, die sich zunehmend aktiv und lautstark betätigte, bei.
Bereits 1964 konnte, mitgetragen von der weltweiten antikolonialen Strömung, und nach z.T. gewalttätigem Widerstand gegen das Kolonialregime die Unabhängigkeit erreicht werden. Die zunächst großen Hoffnungen auf eine demokratische Entwicklung zerschlugen sich schnell. Präsident Hastings Banda, der von 1964 bis 1994 im Amt war, regierte ab 1971 als Präsident auf Lebenszeit mit diktatorischen Vollmachten in einem Einparteienstaat (Malawi Congress Party). Unterdrückung und Verfolgung jeglicher Opposition und Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung. Malawi blieb das einzige Land der sogenannten Frontstaaten im südlichen Afrika, das wirtschaftliche und vor allem politische Beziehungen zum Apartheidsregime in Südafrika unterhielt.
Anfang der 90er Jahre wuchs die Opposition innerhalb Malawis gegen das repressive Regime des Präsidenten. Dieser sich organisierende Widerstand gipfelte in dem Hirtenbrief der katholischen Bischöfe vom März 1992. In einem auch von den westlichen Partnern Malawis geforderten Referendum sprach sich die große Mehrheit der Wähler für ein zukünftiges Mehrparteiensystem aus. Damit wurde der friedliche Übergang zur Demokratie eingeleitet. Als wichtigste Oppositionsparteien entwickelten sich die United Democratic Front (UDF) und die Alliance for Democracy (AFORD). Bei den ersten freien Wahlen in Malawi 1994 gewann die UDF unter Bakili Muluzi, der von 1994 und nach erfolgreicher Wiederwahl 1999 bis 2004 als Staatspräsident amtierte. 2004 konnte Staatspräsident Muluzi im Einklang mit der Verfassung nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren. Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 20.05.2004 siegte erneut die UDF und deren Präsidentschaftskandidat Bingu wa Mathurika.
Malawi ist als eines der ganz wenigen Länder in Afrika seit seiner Unabhängigkeit von kriegerischen Verwicklungen mit Nachbarstaaten, von Bürgerkriegen und gewalttätigen Umstürzen und Verwerfungen verschont geblieben. Die fast dreißig Jahre währende Diktatur Präsident Bandas hat allerdings tiefe negative Spuren hinterlassen. Das nunmehr seit 10 Jahren sprießende Pflänzchen "Demokratie" ist immer noch schwach, es bedarf gleichermaßen der behutsamen Pflege durch Malawi wie seiner internationalen Partner.
Wirtschaft und Soziales
Malawi ist ein Agrarland mit dominierender Subsistenzlandwirtschaft, d.h. die Bauern bewirtschaften mit traditioneller Technik ein kleines, in vielen Fällen zu kleines Stück Land und ernähren sich und ihre Familien im Wesentlichen von dem Ertrag, der Haltung von Kleintieren und Gelegenheitsarbeiten. Daneben existiert eine exportorientierte Plantagenwirtschaft, vor allem Tabak, Tee, Zucker, Kaffee. Mit Tabak werden über 70% aller Exporterlöse erwirtschaftet, wobei diese je nach den klimatischen Bedingungen und der nicht beeinflussbaren Entwicklung der Weltmarktpreise stark schwanken.
In Malawi wurden bisher keine nennenswerten Bodenschätze gefunden, das Land ist infrastrukturell unterentwickelt, der Industrialisierungsgrad gering und eher rückläufig. Die kurz- und mittelfristigen Aussichten für eine positive wirtschaftliche Entwicklung, die zu einer anhaltenden Verminderung der großen Armut führen könnten, sind leider nicht günstig. Dafür wäre ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum von mindestens jährlich 6% erforderlich, das in den vergangenen Jahren praktisch nie erreicht wurde. Für dringend notwendige ausländische Direkt-Investitionen ist das Land wenig interessant, weil die staatlichen Rahmenbedingungen, verbunden mit starken Inflations-, Zins- und Währungsrisiken kaum zu einem Engagement in dem kleinen Absatzmarkt Malawi einladen.
Als entwicklungsfähig können letztlich nur die industriell betriebene Landwirtschaft einschließlich Weiterverarbeitung und Veredelung landwirtschaftlicher Produkte sowie der Tourismus, angesehen werden. Malawische Hoffnungen auf baldige Teilhabe am Massentourismus sind wegen der mangelhaften Infrastruktur allerdings verfehlt. Für Nischentourismus, mit dem ausgesuchte Interessengruppen angesprochen werden, bestehen dagegen gute Aussichten.
Malawi ist und wird noch auf längere Zeit auf substantielle ausländische Entwicklungshilfe angewiesen sein, um zunächst eine Basis in Infrastruktur, Erziehung und Ausbildung zu schaffen, auf der in Zukunft ein wirtschaftlicher Entwicklungsprozess aufbauen kann.